Es gibt wenige Gesichter, die mit so wenigen Strichen darzustellen sind. Zwei Rechtecke, zwei geschwungene Linien - und jeder wird die Frau mit den gescheitelten Haaren und der eckigen, dunklen Brille erkennen: Nana Mouskouri, die heute ihren 70. Geburtstag feiert.

So wie die US-Schauspielerin und Sängerin Barbra Streisand sich stets weigerte, ihre bezaubernd krumme Nase begradigen zu lassen, so stur hielt Mouskouri an der prägnanten Sehhilfe fest, deren Form sich über die Jahrzehnte kaum verändert hat. Nana Mouskouri war die Sängerin mit Brille schlechthin, in einer Zeit, in der sich kaum jemand im Showgeschäft mit Sehschwäche zeigte. Außer Elton John. „Als Kind hatte ich immer das Gefühl, ich müsste mich hinter der Brille verstecken, so schüchtern war ich“, sagte sie einmal. Aus dem Schutzschild sollte ein Markenzeichen werden.



Dabei begann ihre Karriere mit dem Rauswurf aus dem Athener Konservatorium - als Strafe für öffentliche Auftritte. Als die im Mittelmeer stationierte US-Flotte Ende der 50er Jahre Piräus und Athen besuchte, gab Nana Mouskouri für die Gäste ein umjubeltes Jazzkonzert. Ein weiteres folgte im griechischen Rundfunk, und das war der Konservatoriumsleitung wohl zu viel des Guten. Der Verweis schadete Mouskouri nicht, im Gegenteil: Nach ersten Erfolgen mit Chansons in der Heimat schaffte sie in Deutschland 1961 den Durchbruch mit einem Song, der in einem Studio des alten Berliner Hotels „Esplanade“ aufgenommen wurde. „Weiße Rosen aus Athen“ war vermutlich der erste Kontakt der Bundesbürger mit einer Bouzouki - und damit eine Sensation. Weltweit erfolgreich wurde sie mit Hilfe von Harry Belafonte, mit dem sie 1964 / 65 auf Welttournee ging. „Ich präsentiere Ihnen eine der talentiertesten Sängerinnen der Welt“, kündigte der Weltstar die Nachwuchssängerin an.

Politik hatte in ihrer Musik nie etwas zu suchen. Dafür saß Mouskouri von 1994 bis 1999 für die konservative „Nea Demokratia“ im Europaparlament, lehnte eine zweite Kandidatur aber enttäuscht ab: „Hier gibt es keine Wahrheit und keine Freiheit. Vieles dreht sich um Parteipolitik und Machterhalt.“ Nach wie vor engagiert sie sich in ihrem Amt als Unicef-Sonderbeauftragte, das sie seit 1993 innehat.

In der Musik hat sie sich immer eher als Chanson-Sängerin gesehen. Aber auch die vorgeblich banalen Themen von Liebe, Glück und Zärtlichkeit verteidigte sie: „Ich will Wunden nicht bloßlegen, ich will sie heilen.“ Das wird sie wohl auch auf ihrer - vorläufigen - Abschiedstournee tun, die im März in Deutschland beginnt und 2006 in Nordamerika enden soll.

© VON CLAUDIA FREYTAG ( KSTA)

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