Heute feiert Jannis Kounellis seinen 70sten Geburtstag.
Der Konzept- und Objektkünstler, der zu den bedeutendsten lebenden Kunstschaffenden zählt, kam am 23. März 1936 in Piräus bei Athen zur Welt. Seine künstlerische Ausbildung begann er an der Kunsthochschule in Athen. Weil die konservative, griechische Regierung nach dem blutigen Bürgerkrieg 1949 jeden verfolgte, der im Kontakt mit der kommunistischen Bewegung stand, wanderte Kounellis mit zwanzig Jahren nach Rom aus und studierte dann an der Accademia di Belle Arti. Seitdem lebt und arbeitet der Wahlitaliener dort. Zunächst beschäftigte er sich hauptsächlich mit Zahlen und Worten, mit denen er kleine, zeichenhafte Bilder erstellte. Sie waren 1960 in seiner ersten Ausstellung in Galleria La Tartaruga in Rom zu sehen. International bekannt wurde Kounellis als Hauptvertreter der italienischen Bewegung „Arte Povera“, die seit 1967 als europäische Antwort auf die Pop Art Gestalt annahm und sich auf „arme“, einfache Materialien konzentrierte, um Existentielles sichtbar und erfahrbar zu machen.
Aus diesem Geist sind Kounellis’ poetische Rauminstallationen, teils riesigen Ausmaßes, von großer suggestiver Kraft geboren. Die Themen Leid, Verletzbarkeit, aber auch Wärme, Frieden und Leben treten in individuellen wie auch gesellschaftlich relevanten Deutungen immer wieder auf. Dabei ordnet Kounellis seine bescheidenen Materialien in organische (Hanf, Jute, Reis, Kaffee), anorganische (Watte, Wolle, Haare, Eisen, Steine, Kohle) und vorgefertigte Dinge (Jutesäcke, Gipsabdrücke, Bettgestelle, Stacheldraht) und zieht sie als Metaphern für das Verhältnis von Natur zur Kultur heran. Das Element Feuer hat er als Symbol der Veränderung, der Reinigung und Erleuchtung aber auch der Zerstörung in seine Arbeit eingeführt. Immer wieder nutzt Kounellis überraschende Verfremdungseffekte - so stellte er 1969 etwa 12 lebende Pferde in einer römischen Galerie aus – und rekurriert auf die Mythen und die griechische Antike.
Kounellis’ Ausstellungsliste ist lang und umfasst weltweit die renommiertesten Kunstinstitute. Einzelschauen wurden ihm etwa im Museum of Contemporary Art in Chicago, im Museum Ludwig in Köln, in der Hamburger Kunsthalle, im Stedelijk Museum in Amsterdam, im Kunstmuseum Luzern, im Centro de Arte Reina Sofía in Madrid, der Londoner Whitechapel Art Gallery oder zuletzt in der Wiener Albertina zuteil. Zwischen 1972 und 1982 war Kounellis dreimal zur Documenta nach Kassel geladen und nahm mehrmals an der Biennale in Venedig teil. Von 1993 bis 2001 unterrichtete er als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Außerdem entwarf er immer wieder Bühnenbilder und betätigte sich als Theaterautor.
Quelle: Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching