An den griechischen Universitäten herrscht Aufruhr. Studenten und Professoren streiken, mehr als 400 Fakultäten werden von Studenten besetzt gehalten.

Hintergrund ist eine umfassende Reform der Hochschulen, die die konservative Bildungsministerin Marietta Iannakou angekündigt hat und die keine Verbesserung der schlechten Studienbedingungen in Aussicht stellt. Alkyone Karamanolis berichtet aus Athen.

Schon seit Wochen halten Studenten in ganz Griechenland über 400 Fakultäten besetzt, dieser Tage häufen sich außerdem die Demonstrationen, auf denen markige Sprüche skandiert werden. Anlass ist der Plan der Regierung, Artikel 16 der Verfassung zu ändern und in Griechenland private Hochschulen zuzulassen.

"Wir kritisieren, dass die Regierung den Weg für Privatunis ebnet, wo doch das staatliche Bildungssystem dringend verbessert werden müsste."

"Wir haben jede Menge Probleme, aber private Universitäten werden sie sicher nicht lösen, sondern eher verschlimmern."

Die Änderung von Artikel 16 gehört zu einer ganzen Reihe geplanter Maßnahmen, mit denen die konservative griechische Regierung das Hochschulsystem des Landes reformieren und mit den in Bologna vereinbarten Zielen kompatibel machen will. So regelt ein vergangene Woche vorgestellter Gesetzentwurf Themen wie Studiendauer, Bewertung der Professoren, Wahl der Hochschulgremien und eine stärkere Verschränkung von Forschung und Wirtschaft. Für Yannis Maistros, Informatikprofessor am Athener Polytechnikum und Sekretär des Dachverbands der griechischen Hochschullehrer, liegen die tatsächlichen Probleme aber woanders:

"Unsere Hochschulen sind dramatisch unterfinanziert. Was wir wirklich brauchen, ist eine ordentliche Infrastruktur: Gebäude, Labore, Bibliotheken, Studentenwohnheime, Geld für Forschung. Nur dreieinhalb Prozent des Brutto-Inlandsprodukts fließen in Griechenland in die Bildung, mindestens fünf Prozent wären aber notwendig. Und nun diskutieren die Bildungsminister der OECD-Staaten über einen weiteren Rückzug des Staates aus der Bildung. Das ist genau, was wir nicht wollen."

Schließlich liegt an den griechischen Hochschulen schon jetzt vieles im Argen: Einer von vier Professoren arbeitet mit Zeitvertrag. Für viele von ihnen ist die Lehrtätigkeit nur der Zweitjob, dessen mageren Lohn sie außerdem mit bis zu einjähriger Verspätung erhalten. Unter den herrschenden Umständen protestieren die Lehrenden außerdem gegen die geplante Evaluierung ihrer Arbeit: "Wie sollen die Studenten meinen Unterricht bewerten, wenn mir ein Saal zugewiesen ist, in dem nur ein Viertel der für die Veranstaltung Angemeldeten Platz findet?", hat kürzlich eine Dozentin in einem offenen Brief gefragt.

Viele Familien umgehen die Probleme der griechischen Universitäten, indem sie ihre Kinder gleich ins Ausland zum Studieren schicken, meist unter immensen finanziellen Opfern. Den Studenten, die in Griechenland bleiben, geht es trotz all dieser Missstände bei den aktuellen Protesten aber auch um etwas anderes. Ihr Anliegen ist politisch, denn sie fürchten einen Einschnitt in ihre Grundrechte und Freiheiten. So ist etwa das Universitätsgelände nach geltendem Recht geschützt und darf auch bei Demonstrationen und Auseinandersetzungen von der Polizei nicht betreten werden. Dieses so genannte Asylrecht, das nun aufgeweicht werden soll, ist einer der Punkte, den die Studenten mit großer Vehemenz verteidigen:

"Das Universitätsasyl in Griechenland hat eine historische Dimension. Der Studentenaufstand im Polytechnikum im Jahr 1973, der das Ende der griechischen Militärdiktatur eingeläutet hat, konnte nur stattfinden, weil es das Universitätsasyl gab. Ohne dieses Asylrecht hätte es bei dem Aufstand zahllose Tote gegeben. Wenn wir der Universität also ein Minimum an Demokratie zugestehen wollen, so dürfen wir das Universitätsasyl nicht antasten."

Mit dem Ende der Bildungsministerkonferenz werden die Proteste dennoch zurück gefahren. Für September sind allerdings schon die nächsten Streiks geplant.